Interview mit Elke Fleing

Mittwoch, 10. Mai 2017 | 0 Kommentare

In unserer Interviewreihe mit Produktivitätsprofis macht heute Elke Fleing den Anfang. Sie ist Expertin für Kommunikation, Positionierung und digitale Transformation.

Moin moin. Ja gern: In welchen thematischen Bereichen ich mich tummle, hast Du im Einleitungssatz ja schon angerissen.

 

Hallo Elke, magst Du Dich und Dein Unternehmen kurz vorstellen?

Ich unterstütze Unternehmen als Texterin und beratend und/oder operativ bei Strategie und Umsetzung ihrer Social Web-Aktivitäten, baue ihnen auch gern ihre Websites – mit deutlichem Schwerpunkt auf kommunikativen Aspekten – und stehe ihnen als Workshopleiterin und Businesscoach zur Verfügung.

Für alle anderen Bedürfnisse in Sachen Unternehmens-Kommunikation arbeite ich eng mit diversen exzellenten Netzwerkpartnern zusammen, so dass bei mir im Prinzip alles gebucht werden kann, was ein Unternehmen von einer modernen Full Service-Agentur erwartet. Und wie bei einer guten Agentur hat der Kunde einen Ansprechpartner, nämlich mich.

Außerdem schreibe ich seit 2011 regelmäßig Artikel für www.deutsche-startups.de, einem der größten deutschsprachigen Blogs für und rundum die Startup-Economy in deutschsprachigen Ländern.

Und außerdem entsteht gerade der D-Hive 🙂

D-Hive? Was ist das denn?

Gemeinsam mit drei Netzwerkpartnern rufen wir gerade ein Blog ins Leben, das sich thematisch der digitalen Transformation der Wirtschaft widmet. Unser Job ist dabei nur, ehrenamtlicher Gastgeber zu sein. Die Inhalte werden von all den Experten und Hidden Champions aus der Wirtschaft kommen, die schon spannende Projekte zur Digitalisierung auf die Straße gebracht haben.

D-Hive soll DIE Ressource im Netz für praxisrelevanten Content zum Thema digitaler Wandel werden.

Und weil nicht alle Digitalisierungs-Experten auch begnadete Redakteure sind, bieten wir ihnen zusätzlich zur Reichweite der Plattform, die wir tüchtig promoten werden, zusätzlich unseren ehrenamtlichen Lektorats-Service an: Wir helfen bei Bedarf, den Inhalt zu strukturieren, zu formulieren und redigieren ihn natürlich vor Veröffentlichung.

Wir rechnen damit, im Juni oder Juli mit D-Hive  und den ersten spannenden Beiträgen live gehen zu können.

Wie kamst Du auf die Idee, Dich selbständig zu machen? Was war da der Motor?

Haha, ich glaube, der ‘Motor’ sitzt in meinen Genen – ich denke, ich bin einfach so leidenschaftlich gern Unternehmerin, dass nie so richtig etwas anderes für mich in Frage kam.

‘Entdeckt’ hab ich dieses ‘Gen’ spätestens während des Lehramts-Studiums nach dem Jura-Studium, als mir in einer Lehrerkonferenz plötzlich klar wurde, dass mein ganzes berufliches Leben in einer völlig geraden vorhersehbaren Linie mit klaren Grenzen nach oben verlaufen würde, würde ich tatsächlich Lehrerin werden. Das war ein ganz furchtbarer Moment und ich hab mich gefühlt wie eingesperrt. Eingesperrt in einer vorgezeichneten Laufbahn.

Von dem Moment an war mir klar, dass die Beamtenlaufbahn und ich nicht füreinander gemacht sind. Und so habe ich mich direkt nach dem 2. Staatsexamen mit meiner Musiker-Agentur selbstständig gemacht, die ich dann auch 15 Jahre lang geführt habe.

Wie definiert sich denn dieses Selbständigkeits-Gen für Dich?

Für mich ist selbständig zu sein ein unfassbarer Luxus durch die Freiheiten, die man dadurch hat. Natürlich hat man auch Sachzwänge, aber es sind deutlich weniger als bei Angestellten – und selbst die Art der Sachzwänge kann ich selbst beeinflussen.

Ich kann zum Beispiel meine Arbeitszeiten frei wählen, und da ich ein früher Vogel bin, fange ich dann meistens schon um fünf, halb sechs an zu arbeiten und mache dann während des Tages längere Pausen.

Ich bin frei darin zu wählen, welche Kunden ich habe, welche Netzwerkpartner, ggfs. welche Team-Mitglieder. Ich kann meinen eigenen Job und die Ausrichtung meines Unternehmens modifizieren wann immer und wie immer ich das möchte und für richtig halte.

Natürlich habe ich als Unternehmerin keinen bezahlten Urlaub und trage das gesamte finanzielle Risiko, aber mal ehrlich: So viel sicherer sind Jobs als Angestellter heute auch nicht mehr.

Außer bei Beamten…

Ja, aber das habe ich schon immer mehr als Bedrohung denn als Sicherheit empfunden. Ich wusste damals schon: Jetzt bin ich 22 und mit 64 verdiene ich dann A irgendwas. Das erschien mir als Einbahnstraße – alles ist vorgezeichnet. Das fühlte sich für mich nicht an wie warmes Nest, sondern wie ein Gefängnis.

Was waren denn zu Beginn Deiner Selbstständigkeit die größten Hindernisse, die wichtigsten Herausforderungen?

Herausforderungen gibt es nicht nur am Anfang, sondern immer – die Herausforderungen werden im Lauf der Zeit nicht größer oder kleiner, nur anders. Und Gelegenheit, Fehler zu machen, hat man auch das ganze Leben lang. Wer etwas tut, macht Fehler. Das ist auch gut so, denn aus ihnen lernt man und wächst.

Wenn ich aber heute neu anfangen würde, würde ich schon einiges anders machen. Ich würde mir – wie ich es heute auch tue – mehr Rat und Tipps von erfahrenen Leuten holen.

Damals mit meiner Musikagentur habe ich einfach angefangen und wirklich jeden Anfänger-Fehler selbst gemacht. Heute würde ich ein paar Praktika vorschalten oder von Anfang an Advisors an meine Seite holen. Das hätte mir auf jeden Fall eine Menge Lehrgeld – auch psychischer Natur – gespart.

Was war oder ist Deine größte Herausforderung als Selbständige?

Für mich gibt es nicht eine, sondern zwei große Challenges:

  1. Nicht zu viel zu arbeiten. Weil das Unternehmen das ‘eigene Baby’ ist, fühlt sich Arbeiten oft an wie ein Hobby – und man verbringt unmerklich immer mehr Zeit damit. Das ist aber nicht gesund, weder für mich selbst – ein Burnout reicht mir – noch für das Unternehmen. Denn wenn man nur noch um Job-Themen kreist, Menschen nur noch in Business-Kontexten erlebt und keinen Ausgleich hat, wird der eigene Horizont auch immer enger, Ideen bleiben aus, das eigene Tun wird unproduktiver und alles fühlt sich irgendwie ‘stumpf’ an. Und da sind wir auch schon bei zweiten großen Herausforderung als Unternehmer:
  2. Es gilt, wach, neugierig und – um mit Steve Jobs zu sprechen – hungrig zu bleiben. Wichtig ist die Bereitschaft, sich immer wieder aus der Komfortzone heraus zu begeben, immer am Ball zu bleiben, für Veränderungen offen zu bleiben und sie geradezu zu suchen. Das ist im Alltags-Business und wenn alles gerad ‘so schön rund läuft’ nicht immer einfach – auch wenn ich von Natur aus sehr neugierig bin und schon deshalb immer wieder gern etwas verändere, weil mir sonst langweilig wird.

Welche Erfahrung aus Deinem Berufsleben hat Dich wirklich verblüfft?

Hmm, akut fällt mir nichts aus meinem eigenen Berufsleben ein, was mich wirklich überrascht hat.

Generell fassungslos macht mich, dass auch heute und dass sogar hier in Deutschland Frauen in Angestelltenverhältnissen immer noch schlechter bezahlt werden als Männer –auch wenn sie Gleiches leisten.

Als Unternehmerin betrifft mich das nicht so, ich kann mein Einkommen ja selbst steuern. Und ich hatte persönlich auch bisher nie das Gefühl, aufgrund meines Geschlechts weniger ernst genommen zu werden als ein Mann. Obwohl ich mich beruflich viel in sogenannten ‘Männer-Domänen’ herumtreibe und herumtrieb. Aber das ist vielleicht auch einfach eine Frage des Mindsets.

Gäbe es für Dich eine Job-Alternative? Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht Texterin und Businesscoach wärst? Wärst Du dann Gärtnerin?

Haha, Du fragst, weil ich erzählt habe, dass ich es liebe zu gärtnern, ne? Das kann gut sein, dass ich dann Gärtnerin wäre. Oder Ärztin, wie ich es als Kind werden wollte. Oder….

Ich weiß es nicht. Es gibt 1.002 Möglichkeiten, die alle ihren Reiz haben. Aber das Thema ‘beraten, andere unterstützen’ zieht sich schon mit einiger Konsistenz durch mein Leben, da scheint meine Berufung zu liegen. Es ist also zu vermuten, dass es irgendwas in der Richtung wäre.

Aber: Diesen Konjunktiv gibt es in meinem Leben eben gar nicht. Wenn ich was anderes tun will, mache ich das einfach. Zusätzlich oder nach und nach anstatt des Jetzigen. Ich habe momentan zum Beispiel 2 bis 3 Themen auf meiner beruflichen Bucketlist, denen ich mich in naher Zukunft widmen werde…

Du beschäftigst Dich ja auch mit digitaler Transformation. In dem Zusammenhang wird ja auch Automatisierung immer wichtiger. Welche Bereiche sollten Unternehmen automatisieren, welche eher nicht?

Das kann ich nicht so konkret sagen. Ich denke, alles, was sich sinnvoller Weise automatisieren lässt, sollte man auch automatisieren.

Wenn dadurch Jobs wegfallen und es nicht mehr genug Jobs für alle gibt, muss man eben andere Lösungen finden, wie zum Beispiel das bedingungslose Grundeinkommen für alle, damit wir genug Geld zum Leben haben.

Und dann können wir uns ehrenamtlich engagieren in den Bereichen, die wir mögen und in denen wir anderen helfen können – so haben wir Aufgaben, die uns psychisch nähren und allen geht es besser, weil sie die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Nicht zu automatisieren, nur um Leute am Arbeiten zu halten, halte ich für nicht zielführend.

Welche Tipps hast Du für Gründer und Startups zum Thema Buchhaltung?

Ganz wichtig ist, die Software gemeinsam mit dem Steuerberater auszusuchen. Es nützt nichts, wenn man ein tolles Programm hat, der Steuerberater damit aber nicht arbeiten kann. Man sollte sich da also absprechen und einen Katalog erstellen: Welche Funktionen brauche ich, welche nicht, wo spare ich Zeit… – quasi eine Art Pflichtenheft, so hat man das früher genannt.

Bei GetMyInvoices gefällt mir, dass Ihr automatisch die wiederkehrenden Belege z.B. für Software-Abonnements zieht – das habe ich noch bei keinem anderen Programm gesehen. Da ich nicht gern shoppen gehe – außer in Baumärkte oder Gärtnereien – bestelle ich fast alles online und das ständige manuelle Downloaden der Belege z.B. bei Amazon nervt mich dann.

Deshalb wäre auch ein Tipp für Eure Leser: Haltet Ausschau nach jeder Gelegenheit, die Euch stumpfsinnige Dully-Arbeit erspart. Nutzt die so gewonnene Zeit für kreativeres oder einfach angenehmeres Tun.

Apropos Arbeit sparen… Wie sieht es bei Dir selbst mit Outsourcing aus?

All das, wo andere deutlich besser, schneller oder preisgünstiger sind als ich selbst, source ich aus: Die Buchhaltung, zu transkribierende Tonaufnahmen, das Lektorat englischer Texte – Englisch ist halt nicht meine Muttersprache -, aufwendige Grafikarbeiten, aufwendige Videoarbeiten…

Oder ich gebe ganze Jobs und Projekte an Kollegen weiter, wenn diese thematisch so weit von meinem – allerdings recht breiten – Themenspektrum entfernt sind, dass es in keinem sinnvollen Verhältnis mehr stünde, mich für dieses eine Projekt ins Thema einzuarbeiten.

Welche Bereiche sollte man outsourcen? Welche Bereiche sollte man nicht outsourcen?

All das, wo andere deutlich besser, schneller oder preisgünstiger sind als man selbst. Wobei ich selbst mich immer konsequent daran halte, denn manchmal macht es mir auch einfach Spaß, etwas Neues zu lernen und das tue ich dann ‘on the Job’ – natürlich berechne ich meinen Kunden den Zeitaufwand nicht, den ich wegen des Übens länger brauche.

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